Depot Museum Boijmans Van Beuningen - Rotterdam
Im Auftrag des Museum Boijmans Van Beuningen entwarf Winy Maas von MVRDV das neue Depot für die Sammlung des Museums. Als Standort für das Depot Boijmans Van Beuningen wurde der Museumspark neben dem bestehenden Museum gewählt. Mit dem Entwurf einer verspiegelten Schale wollte der Architekt Winy Maas den „verlorenen“ Park kompensieren. Durch die verspiegelte Fassade ließ er das Depot in der Umgebung verschwinden. Dieser spektakuläre Entwurf warf jedoch die notwendigen Konstruktionsfragen auf.
Eine solche sphärische Spiegelfassade war noch nie zuvor gebaut worden und war daher die perfekte Herausforderung für Sorba. Unter dem Generalunternehmer BAM Bouw en Techniek – Grote Projecten erhielt Sorba den Zuschlag für dieses einzigartige Projekt. Im Herbst 2020 wird die gesamte Fassade fertiggestellt sein. Wie Sorba diese Fassade entwickelt hat, erfahren Sie hier.
Technik
Die größte Herausforderung bei diesem Projekt war die komplett sphärische Form des Gebäudes. Für die Erstellung des 3D-Modells haben unsere Ingenieure die Glasfassade komplett mit Punkten aufgezeichnet. Trotz oder gerade wegen dieser komplexen Form wurde das gesamte Projekt nach BIM-Standards durchgeführt, um optimal mit dem Hauptauftragnehmer BAM zusammenzuarbeiten und eventuelle Probleme bereits im 3D-Modell zu entdecken.
Material; Doppelt gebogene Spiegelpaneele
Um einen möglichst glatten Spiegeleffekt zu erzeugen, wurde die Verwendung von Glas gewählt. Die gesamte Fassade ist in 26 Schichten mit jeweils 64 Paneelen unterteilt. Dies ergibt insgesamt 1664 Glasscheiben. Aufgrund der Form des Gebäudes mussten die Paneele doppelt gekrümmt sein, sowohl horizontal als auch vertikal. Darüber hinaus hat jede Schicht der Glasscheiben aufgrund der Schalenform des Gebäudes einen anderen Krümmungsradius.
Das Glas wird mit einem Spiegel beschichtet und anschließend laminiert. Als nächstes wurde das Glas gebogen. Da diese komplexen Prozesse kombiniert werden mussten, wurde die Produktion nach China verlegt. Unser Projektleiter flog regelmäßig nach China, um die Prozesse und die Qualitätskontrolle zu überprüfen. Am Produktionsstandort haben wir außerdem jedes Paneel durch einen externen Qualitätsbeauftragten prüfen lassen.
Das Erasmus Medical Centre befindet sich direkt neben dem Depot, weshalb wir uns entschieden haben, einen Teil der Spiegelfassade matt zu gestalten. Zu diesem Zweck wurde eine matte „Wolke“ mittels einer matten Folie auf die Fassade aufgebracht. Diese matte Folie auf dem Glas nimmt dem Krankenhaus die Reflexion der Sonne.
Konstruktion der Fassade
Sorba begann mit der Fassadenkonstruktion vom rohen Betonsockel aus. Zunächst wurden die Ankerstangen gesetzt, die anhand des 3D-Modells ausgemessen werden mussten, da die runde Form nicht genau gemessen werden kann. Nach dem Aufsetzen der RVS-Konsolen auf die Ankerstangen wurde die Fassade isoliert. Auf den unteren 12 Metern wird eine Mineralwolle hinzugefügt, um die starke Krümmung auszugleichen. Die Nähte werden abgeklebt, um eine Wassersperre zu erhalten. Der Beton ist so dick, dass das Aufbringen einer Dampfsperre nicht notwendig war.
Nach der Isolierung wurden die Hakenplatten montiert, an denen die Glasscheiben aufgehängt wurden. Diese Hakenplatten sind so konzipiert, dass jede Glasscheibe horizontal und vertikal verstellt werden kann. Dadurch können die Platten genau ausgerichtet werden.
Die Scheiben sind auf der Rückseite mit einem schwarzen Aluminiumrahmen versehen. Dieser Rahmen wird unter kontrollierten Bedingungen bei Sorba auf das gebogene Glas geklebt. Die Glastafeln wurden mit diesem Rahmen an den Verstellhaken an der Fassade aufgehängt. Die Gemeinde Rotterdam verlangt eine zweite Tragstraße für geklebte Tafeln, deshalb sind schwarze „Hände“ am Aluminiumrahmen montiert. Diese schwarzen „Hände“ verriegeln das Spiegelpaneel als Sicherung, falls der Kleber versagt.
Für die Aufhängung der sphärisch gebogenen Platten wurde in Zusammenarbeit mit Hoven Cranes eine gegengewichtige Traverse entwickelt. Mit dieser Traverse konnten die Paneele auf effiziente und sichere Weise aufgehängt werden.
Isolierglas
Die Fassade des Depots enthält ebenfalls Fenster und Türen; auch diese folgen der Kugelform des Gebäudes. Die Fenster sind mit speziellen 3D-verzerrten Isolierglasscheiben ausgestattet. Insgesamt gibt es 186 dieser Isolierglasscheiben. Unten hat das Glas eine Widerstandsklasse WK4, oben WK 3.
Ein großer Teil dieses Isolierglases ist transparent. Hier ist die Verspiegelung nicht oder nur teilweise auf das Glas aufgebracht worden. Um einen fließenden Übergang zwischen der Spiegelfassade und dem transparenten Bereich zu schaffen, wurde die Spiegelbeschichtung als Siebdruck auf das Glas aufgebracht.
Verschwindende Türen und LKW-Schloss
In der Fassade des Gebäudes sind 8 Türen angebracht: 3 Doppel- und 5 Einzeltüren. Diese Türen sollten im geschlossenen Zustand in der Fassade verschwinden. Um dies zu erreichen, entwickelte das Projektteam von Sorba gemeinsam mit Walasco spezielle Türen. Im geschlossenen Zustand sind die Türen in die Fassade eingelassen, beim Öffnen bewegen sie sich wie Bustüren erst nach außen und dann zur Seite. Dadurch sind keine Scharniere oder Befestigungspunkte sichtbar und die verspiegelte Fassade wirkt ungebrochen.
Konstruktion der Tür
Die Türen bestehen aus großen Stahlrahmen. Anschließend werden die erforderlichen Dämm- und Abschlussplatten an den Stahlrahmen angebracht. Danach wurden die Stahlrahmen auf die Fenster gehoben, damit sie mit ihnen verklebt werden konnten. Aufgrund der Form des Gebäudes ist die größte Krümmung im Glas unten erforderlich. Dadurch erhielten die Türen eine ungewöhnliche Form.
Aufgrund der ungewöhnlichen Form und Abmessungen war der Einbau der Türen eine große Herausforderung. Die Türen sind ca. 4 m hoch und 2,3 m breit und wiegen zudem fast 1000 kg. Neben der Größe der Türen sind sie aufgrund des verwendeten Glases auch sehr zerbrechlich.
Lkw-Schloss
Die größten Türen im Gebäude sind die der LKW-Schleuse an der Nordseite des Gebäudes. Dieses LKW-Schloss besteht aus zwei Türen. Im Gegensatz zu den anderen Türen sind die Türen zur LKW-Schleuse 3 Glasscheiben hoch. Damit sind sie 5,6 Meter hoch und wiegen zudem jeweils mehr als 1500 kg.
Dachterrasse
Zur Krönung des Ganzen wurde die Dachkonstruktion zusätzlich mit einem Spiegeleffekt versehen. Aufgrund der flachen Paneele wurde für die Dachkonstruktion ein Aluminiumverbund mit einer reflektierenden Deckschicht gewählt. Die Paneele sind fast 7 Meter lang, um die Anzahl der Nähte im Reflexionseffekt zu minimieren.
Die Balustrade der Dachterrasse liegt außen in der gleichen Linie wie das Spiegelglas der Fassade. Zu diesem Zweck wurden auf dem Dach Rahmen angebracht, auf denen die gebogenen Glasscheiben montiert wurden. Diese Glaspaneele sind transparent, so dass man von der Dachterrasse aus die Skyline von Rotterdam sehen kann. Auf dem Glas wurde ein Farbverlauf von reflektierender Beschichtung zu transparentem Glas aufgebracht, um eine Verbindung zu den Fassadenplatten herzustellen. Durch diesen allmählichen Übergang von reflektierendem zu transparentem Glas scheint die Dachterrasse fast in der Luft zu schweben.
Möchten Sie mehr über dieses besondere Projekt lesen?
Hier finden Sie ein Interview mit dem Architekten, außerdem gibt es ein schönes Video über das gesamte Projekt.
Das Projekt wurde in verschiedenen Medien ausgiebig diskutiert, hier finden Sie eine Reihe von Artikeln:
Depot Boijmans van Beuningen – Museum Boijmans van Beuningen
Projektdaten:
Architekt:
MVRDV
Auftraggeber:
BAM Bouw & Techniek Grote Projecten
Material:
doppelt gebogene Spiegelglaspaneele
Weitere Informationen:
Video